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KI und Arbeit 4.0 - Der Jobmotor der Zukunft

Experten sehen Künstliche Intelligenz (KI) bereits als prägende Universaltechnologie dieses Jahrhunderts, die, ähnlich wie die Dampfmaschine oder die Elektrizität in ihrer Zeit, Wirtschaft und Gesellschaft massiv verändert. Welche Auswirkungen KI speziell auf die Arbeitswelt haben wird, erläutern Professor Dr. Sascha Stowasser, Direktor des ifaa - Institut für angewandte Arbeitswissenschaft in Düsseldorf, und Dr. Martina Frost, Arbeits- und Organisationspsychologin am ifaa im Rahmen eines Interviews mit HESSENMETALL.

Wie wird KI in Zukunft die Arbeitswelt beeinflussen?

Sascha Stowasser: Wir erwarten durch KI umwälzende Veränderungen. Durch KI-Werkzeuge oder lernende Systeme wird sich die Arbeitswelt 4.0 zur Arbeitswelt 5.0 entwickeln. Bei 4.0 geht es um eine vernetzte Digitalisierung und um die Flexibilisierung von Arbeitsort, -Zeit, und -Organisation. Bei 5.0 kommen Assistenzsysteme, lernende Roboter und die Bereitstellung benutzeroptimierter Informationen hinzu. Unsere eigenen Projektanalysen zeigen, dass sich etwa 75 % der Arbeitssysteme verändern werden. Das betrifft übrigens alle, also sowohl Produktions- als auch Wissensarbeit.

Was bedeutet das für die Mitarbeiter?

Martina Frost: Für die Beschäftigten bedeutet der Einsatz von KI noch mehr Flexibilität, anspruchsvollere Tätigkeiten, individuell angepasste Informationen sowie Erleichterungen bei geistigen Routinetätigkeiten. Assistenzsysteme wie Datenbrillen, Tablets, Smart Watches aber auch Mensch-Roboter-Kollaborationen oder Exoskelette erleichtern in vielen Unternehmen schon heute die Arbeit. Das wird sich fortsetzen und auch weiterentwickeln. Gerade bei physisch anspruchsvollen Tätigkeiten wird das vielfach Erleichterungen bringen. Sicher werden manche Tätigkeiten auch entfallen, aber es werden auch ganz neue Berufsbilder entstehen.

Haben Sie dafür ein paar Beispiele?

Was wird ganz verschwinden, was wird neu entstehen? Schon heute können beispielsweise Kredite in einer Bank durch KI-Systeme vergeben werden. Tätigkeiten, welche einen geringen Grad an Kreativität benötigen und sehr regelorientiert sind, werden zukünftig von KI-Systemen übernommen werden können.

Zentral ist dabei, je nach Anwendungsfall genau zu überlegen, wo das KI-System autonom Entscheidungen treffen sollte und wo der Mensch nach wie vor die finale Entscheidung trifft. Neu hinzu kommen werden sicher eine Reihe an Tätigkeiten zur Analyse und Verwendung von Daten. Beispielsweise wird es im Vertrieb wichtig sein, dem Kunden nicht nur den Nutzen eines physischen Produkts erklären zu können, sondern auch den Nutzen der Daten, die von dem Produkt ausgehen.

Wie gehen Mitarbeiter mit dem Thema KI um?

Sascha Stowasser: Während Menschen bereit sind, KI ohne große Vorbehalte privat zu nutzen, beispielsweise bei Navigationshilfen oder auch der Musikauswahl in ihrem Smartphone, sehen das viele am Arbeitsplatz ganz anders. Sie befürchten den Missbrauch personenbedingter Daten und haben auch Angst vor einer Kontrolle durch neue Technologien. Wir registrieren bei Befragungen drei Grundängste, die immer wieder angesprochen werden:

1. Was passiert mit meinem Job?
2. Was passiert mit meinen personenbezo-genen Daten?  Und
3. Schaffe ich es, mit der Digitalisierung Schritt zu halten, also, bin ich kompetent genug, mit einer KI zu arbeiten.

Diese Ängste muss man unbedingt ernst nehmen und deshalb Klarheit über den Einsatz der KI geschaffen werden.

Wie kann man Klarheit schaffen? Was kann man konkret tun, um mögliche Ängste zu nehmen?

Martina Frost: Bildung und Weiterbildung sind sicher ein wichtiger Schlüssel. Aber die erfolgreiche Einführung neuer Arbeitswelten wird nur gelingen mit einer vertrauensvollen und menschengerechten Unternehmenskultur, die die Mitarbeiter mitnimmt. Mitarbeiter wollen eine KI verstehen, sie wollen wissen, wie eine KI funktioniert und entscheidet. Dafür braucht man eben Transparenz, einen offenen und ehrlichen Umgang miteinander. Eine KI fällt ja nicht vom Himmel. Sie wird programmiert und auch da kann man klare Regeln festlegen, die man wiederum kommuniziert.

Beispiel Flugbetrieb: Flugzeuge werden schon von Autopiloten gesteuert, also von Algorithmen, und Algorithmen stellen auch Flugklappen so ein, dass möglichst wenig Sprit verbraucht wird – dies wird von keinem hinterfragt. Die Aufgaben und das Ziel was hinter dem Einsatz des KI-Systems stehen sind klar definiert und nachvollziehbar. Genau darum geht es. Wenn man ein System im Betrieb implementieren möchte, sollte festgelegt werden, wofür brauche ich die KI? Was wollen wir erreichen? Welche Daten haben wir? Welche stellen wir zur Verfügung? etc. Ich vergleiche das gerne mit der Beauftragung einer Unternehmensberatung. Von den Beratern bekommt man Empfehlungen und Ratschläge. Die eigentliche Entscheidung trifft aber das Unternehmen und nicht der Berater.

Wie weit sind die Unternehmen bereits, insbesondere die Unternehmen der M+E-Industrie?

Sascha Stowasser: Die Unternehmen stehen vielfach noch am Anfang der Entwicklung, wobei große Unternehmen oft schon weiter sind als mittelständische Betriebe. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass der Einsatz von KI-Verfahren im produzierenden Gewerbe bisher eher als gering zu betrachten ist.Viele Mittelständler sind aktuell erstmal damit beschäftigt digitale Technologien im Betrieb einzuführen – dabei kommt aber dann noch kein KI-Verfahren zum Einsatz.

Dies birgt zum einen die Chance, eine strukturierte Einführung der Verfahren unter Berücksichtigung soziokultureller Aspekte zu unterstützen und somit die Potenziale der KI-Verfahren voll auszuschöpfen. Zum anderen bringt dies aber auch das Risiko mit sich, dass Unternehmen die Nutzung von KI-Ver-fahren und deren Mehrwert zu spät erkennen und damit im internationalen Vergleich zurückfallen und nicht mehr wettbewerbsfähig sind.

Was müssen Unternehmen tun, um den Anschluss nicht zu verpassen?

Martina Frost: Aus meiner Sicht sollte sich ein Unterneh-mer in jedem Fall fragen, wozu ein KI-Verfahren in seinem Betrieb zum Einsatz kommen sollte. Also welchen Nutzen haben wir als Unternehmen von dem Einsatz eines KI-Verfahrens bzw. welchen Mehrwert schaffen wir durch den Einsatz eines solchen KI-Verfahrens für unsere Kunden und auch Beschäftigten. Ist diese Frage klar beantwortet geht es darum die Verfahren strukturiert einzuführen. Wie bei jeder technologischen Neuerung spielen hierbei dann Fragen nach der Unternehmensstrategie, Planung der Prozesse, Umgang mit Daten und der Beschaffung der Technologien eine Rolle. Bei der konkreten Einführung der KI-Verfahren in den Betrieb gilt es u. a. auch das Thema Unternehmenskultur und Führung im Auge zu behalten.

Wie kann das ifaa Unternehmen unterstützen?

Sascha Stowasser: Wir haben alle möglichen Tools entwickelt, die man sich auf unserer Homepage herunterladen kann, zum Beispiel eine Digitale Personaleinsatzplanung. Allen Interessierten legen wir unsere Umsetzungshilfen Arbeit 4.0 ans Herz. Es ist ein guter Leitfaden mit Hintergrundwissen und Gestaltungsempfehlungen zur Einführung der 4.0-Technologien. Er ist bei uns digital über die Homepage als Download oder auch als Print – in der Dimension eines dicken Telefonbuchs – erhältlich. Die Umsetzungshilfen wurden auf der Basis eines Projektes entwickelt, in dem wir drei Jahre Unternehmen bei der Einführung von KI begleitet haben.

„Die Unternehmen stehen vielfach noch am Anfang der Entwicklung, wobei große Unternehmen oft schon weiter sind als mittelständische Betriebe.“ Prof. Dr. Sascha Stowasser

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