„Wir haben das Unternehmer-Mindset und sind Gamer aus Leidenschaft“
Startup „metagame“ setzt im Kampf gegen den Fachkräftemangel auf Gaming und Esports
Frankfurt am Main. Dem demographischen Wandel und Fachkräftemangel begegnet das Mitgliedsunternehmen „The metagame AI GmbH“ mit einem innovativen Ansatz. Das Frankfurter Startup bringt die Welt des Gamings und Esports in die Personalabteilungen. Mitgründerin und CFO Pia Büßecker spricht im Interview darüber, wie das Recruiting dadurch auf ein neues Level gehoben wird.
Wieso und wann habt ihr „metagame“ gegründet? Welche Idee steckt hinter eurem Startup?
Pia Büßecker: Im Oktober 2022 haben Prof. Dr. Tobias Scholz (CSO), Matthias Ruhland (CPO), Gian Luca Vitale (CEO) und ich „metagame“ gegründet. Wir sind ein interdisziplinäres Team. Zu Beginn dieses Jahres sind wir dann live gegangen. Mit unserer Gaming- und Esports-Plattform für Employer Branding sowie digitale Unternehmenskultur unterstützen wir Betriebe dabei, Talente zu gewinnen. Das Recruiting findet nicht mehr über ein Assessment Center statt, sondern über unser Format „Outplayed“. Die Nachwuchskräfte lernt man beim Gaming auf eine authentische Art näher kennen. Mit unserer HR-Lösung wird die „Generation Gamer“ erreicht. Ständiges Lernen und Teamfähigkeit sind nur einige Skills, die man tagtäglich im Game übt. Im Beruf kann das nur von Vorteil sein.
Gian Luca und ich kennen uns seit über fünf Jahren aus unserer gemeinsamen Zeit bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC in Frankfurt. Dort haben wir damals mit den „Gaming Masters“ das erste Esports-Turnier weltweit für Unternehmen mit diesem Ziel ins Leben gerufen. Matthias und Gian Luca haben früher selbst semiprofessionell gespielt. Tobi erforscht die Schnittstelle zwischen HR und Esports. Er hat ein weltweites Wissenschaftsnetzwerk gegründet. Wir alle sind Unternehmer im Kopf und Gamer im Herzen.
Was ist das Alleinstellungsmerkmal von euch im Vergleich zu euren Mitwettbewerbern?
Pia: Die Tiefe und Expertise als Markt- und Meinungsführer. Dabei setzen wir auf den Vierklang Business, Erlebnis durch den spielerischen Ansatz, Validierung durch Wissenschaft und Unterstützung durch Technologie. Dazu zählen etwa HR- & Management-Beratung, Eventmanagement und die datenbasierte Entscheidungsunterstützung.
Inwiefern können Gamer/-innen dem Fachkräftemangel in der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie entgegenwirken?
Pia: Es gibt eine starke Korrelation zwischen einer Gaming-Affinität und einem MINT-Hintergrund. Der Bildungsgrad in dieser Zielgruppe ist hoch und verteilt sich über alle Generationen. Angesichts des demographischen Wandels sind die Generationen Z und Alpha sehr gefragt auf dem Arbeitsmarkt und genau diese lassen sich über das Thema Gaming & Esports erreichen.
Was können deiner Ansicht nach die „klassischen“ Industrieunternehmen von der „Generation Gamer“ lernen und umgekehrt?
Pia: Industrieunternehmen können durch die Integration von Gaming in ihr Employer Branding visibel für diese neue Zielgruppe werden. Alle Generationen sollten sich gegenseitig zuhören. Es ermöglicht einen spielerischen Dialog über relevante Lebenswelten unserer aktuellen und zukünftigen Gesellschaft. Die erfahrenen Generationen wie zum Beispiel die Babyboomer können in Sachen Digitalisierung von den Jüngeren lernen und mit ihnen gemeinsam Neues gestalten. Umgekehrt können diese sich von den altbewährten, zwischenmenschlichen Werten und dem Dienstleistungsgedanken der Älteren etwas abschauen sowie von der jahrelangen Erfahrung profitieren.
Mit welchen Unternehmen habt ihr bereits zusammengearbeitet und wie war deren Feedback zu eurem Geschäftsmodell?
Pia: Sowohl mit größeren Konzernen wie Airbus, der Deka Bank und PwC als auch mit klassischen KMU, etwa einer Patentkanzlei, Softwareentwicklungsfirmen oder Spezialdienstleistern. Startups gehören auch dazu, die bringen natürlich eine andere Dynamik und Bereitschaft mit. Es geht generell um einen Wertewandel in den Unternehmen rund um das Employer Branding, Recruiting und die Unternehmenskultur. Alte Vorurteile gegenüber dem Gaming verlieren an Bedeutung und Chancen beziehungsweise Potentiale werden deutlich wichtiger und anfassbarer.
Wo seht ihr zukünftig die größte Herausforderung für HR-Tech-Startups?
Pia: Wir verbinden die alten Bereiche der Software und des HR-Techs mit den Innovationen des Gamings und Esports. Es ist kein klassisches Produkt, deshalb dauert die Kundengewinnung länger. Außerdem lastet ein hoher Druck auf den Personalern. Sie müssen häufig mit begrenzten Kapazitäten und Ressourcen den Fachkräftemangel bewältigen. Oft lassen bestehende Strukturen in Unternehmen neue Impulse aus der operativen Ebene nicht zu. Ich wünsche mir, dass mehr Firmen und Entscheider:innen sich trauen andere Wege zu gehen und neue Ansätze zu pilotieren.
Wie viele Mitarbeiter/-innen beschäftigt ihr derzeit?
Pia: Wir sind zu neunt, einschließlich unserer Werkstudierenden und Freelancer. Durch unsere langjährige Erfahrung in der HR- und Gaming-Branche bringen wir zusätzlich ein breites Netzwerk an Expert:innen mit.
Welche Standortvorteile gibt es in der Mainmetropole Frankfurt für „metagame“?
Pia: Zwei von vier Gründern leben hier. Frankfurt bietet eine Vielfalt - gerade an mittelständischen Unternehmen. Im Vergleich zu Berlin haben hier Startups noch große Potentiale und Luft nach oben. Wir sind nicht nur eines von vielen. Auch die nahe Anbindung an die Universitäten und Hochschulen ist ein Vorteil, denn Talents gehören zu unserer Zielgruppe. Außerdem finden wir hier tolle potentielle Mitarbeitende für unsere Expansion.
Wir dürfen euch als das 700. Mitgliedsunternehmen von HESSENMETALL begrüßen. Warum seid ihr dem Arbeitgeberverband beigetreten?
Pia: Wir waren im Juli auf dem Netzwerkevent „Startups X HESSENMETALL“ in der IoT-Garage der EintrachtTech. Es war Liebe auf den ersten Blick. HESSENMETALL ist ein starker Partner mit großer Relevanz an unserer Seite, der Key-Topics adressiert. Die Ambitionen gehen von beiden Seiten aus. Gleichzeitig möchten wir uns in eine starke bestehende Gemeinschaft einbringen und den Standort Hessen im Bereich Wirtschaft aktiv mitgestalten.