„Fehlerfrei im Mikrokosmos“
In der Welt von Marcus Ritter und Frank Laske bei KLA in Weilburg ist selbst das feinste Staubkorn ein richtig dicker Brocken
Wo Halbleiter hergestellt werden, sind die Maschinen von KLA in Weilburg nicht weit. Denn das Unternehmen, das zum börsennotierten KLA-Konzern in Kalifornien gehört, stellt hochkomplexe Anlagen unter Reinraumbedingungen her, die auf winzigen Chips Fehler erkennen. aktiv sprach mit dem Geschäftsführer Marcus Ritter und dem Vice President Frank Laske über ihre Welt, in der schon ein Staubkorn ein riesengroßer Brocken ist.
Wirtschaftszeitung Aktiv vom 20. Januar 2024
Wie geht es KLA in Weilburg?
Marcus Ritter: Wir können nicht klagen. Wir gehören zum KLA-Konzern, einem US-Unternehmen mit Hauptsitz im Silicon Valley und 15.000 Beschäftigten weltweit. 2022 war ein Jahr mit einem Umsatzrekord von 10,5 Milliarden US-Dollar für den Konzern. 2023 lag er bei 9,7 Milliarden. Wir wachsen kontinuierlich. In Weilburg haben wir die Anzahl der Beschäftigten seit 2020 fast verdoppelt auf jetzt 220 und kürzlich haben wir über 60 neue Jobs ausgeschrieben.
Woher kommt der Erfolg?
Marcus Ritter: KLA ist als Spezialist für Prozessüberwachungssysteme ein wichtiger Bestandteil in den Lieferketten der Halbleiter-Industrie mit Werken weltweit. Mit der Digitalisierung werden immer mehr Halbleiter, Chips und Co. gebraucht. Wenn es bei der Halbleiter-Industrie boomt, profitieren wir davon. Unser Werk hier geht ursprünglich auf Leitz zurück, einem Pionier der optischen Industrie. Mit unseren Systemen kann man den Mikrokosmos im Nanometerbereich vermessen und untersuchen. Wir sind der Marktführer, wenn es darum geht, auf den Halbleitern Defekte zu finden oder Strukturen zu vermessen. Damit bekommt unser Kunde die Sicherheit, dass keine fehlerhaften Teile an die Elektronik-Industrie gehen und damit Smartphones, Laptops, aber auch Bauteile in Autos oder Maschinen einwandfrei funktionieren.
Warum braucht man neben der Fehlersuche auch Messtechnik?
Frank Laske: Die Leistung moderner integrierter Schaltkreise wird im Wesentlichen begrenzt von Strukturdefekten und der tatsächlichen Größe der einzelnen Transistoren. Je kleiner desto schneller und effizienter. Es ist deshalb für unsere Kunden wichtig, diese Strukturen mit Messtechnik zu erfassen. Wie unglaublich die Leistung ist, die wir mit den Maschinen heute erbringen, verdeutlicht ein Beispiel. Auf einen Chip, den man kaum sehen kann, passen 16 Milliarden Transistoren. Unsere Anlagen finden darunter selbst einen einzigen Fehler. Dieses Prinzip übertragen auf die Erde bedeutet: Würden die 8,1 Milliarden Menschen, die derzeit auf unserem Planeten leben, alle blaue Kleidung tragen und ein Einziger hätte ein grünes Halstuch an, würden wir dieses Halstuch entdecken.
Da kann ein Mensch mit seinem Vorstellungsvermögen kaum folgen, oder?
Marcus Ritter: Ja. Die Menschen nutzen Smartphone und Co. begeistert, haben aber oft keine Idee, was dahintersteckt, und keine Vorstellung, wie wichtig es ist, dass diese Chips fehlerfrei sind – damit im OP die Leuchten nicht plötzlich ausgehen, Maschinen oder E-Autos nicht stillstehen oder auch das spannende Computerspiel und das lustige Katzenvideo auf dem Smartphone nicht abbrechen. Dabei wird unsere Arbeit in Zukunft noch anspruchsvoller. Die Länge eines Transistors beträgt heute etwa sieben Nanometer, ist damit kleiner als viele Viren. Auf dieser Winzlings-Skala bewegen sich moderne Halbleitertechnologien, und wir verschaffen unseren Kunden da im wahrsten Sinn des Wortes den Durchblick.
Wie geht die Entwicklung weiter?
Frank Laske: Die Erfahrung zeigt, dass etwa alle zwei bis drei Jahre die Transistoren noch einmal um ein Drittel kleiner werden. Die fortschreitende Digitalisierung, künstliche Intelligenz, ChatGPT und Co. werden den Bedarf an leistungsfähigen Chips noch beschleunigen. Der wachsende Bedarf an Daten bedeutet auch ein mehr an Speicherbedarf und das bedeutet auch, die Miniaturisierung muss weiter voranschreiten. Um das zu ermöglichen, wird auch dreidimensional gedacht. Das heißt: Transistoren werden in über 100 Etagen und mehr übereinander gebaut, wie wir es von Hochhäusern kennen. Auch unter diesen Bedingungen müssen unsere Maschinen in der Lage sein, Fehler zu finden und Strukturen zu messen.
Forschung und Entwicklung spielen demnach bei Ihnen eine besonders große Rolle?
Frank Laske: Ja. Die eben beschriebene Entwicklung ist nur möglich, wenn alle innerhalb der Lieferkette der Halbleiterindustrie sich mitentwickeln und am Thema dranbleiben. Ein Großteil unserer Entwicklungsabteilung hat einen Hochschulabschluss oder einen Doktortitel. Alle unsere Mitarbeiter in der Entwicklung sind Menschen, die diese Entwicklung mit Begeisterung vorantreiben und so wie ich einfach fasziniert davon sind.
Ihre Anlagen sind vermutlich nicht billig?
Marcus Ritter: . Unsere Anlagen sind sehr hochwertig und auch groß. Für die ganz großen Systeme brauchen wir bis zu 26 große Transportkisten für alle Einzelteile mit einem Bruttogewicht von rund 10 Tonnen. Auch die verschicken wir dann per Luftfracht zum Beispiel nach Asien oder Nordamerika.
Wie ist es, Teil eines US-Konzerns zu sein?
Marcus Ritter: Wir denken und arbeiten als Deutsche sehr lösungsorientiert, sind kreative Ingenieure und daher technologisch führend. Das Geschäftsmodell unserer Konzernmutter und unsere Stärken bilden die perfekte Symbiose für unseren wirtschaftlichen Erfolg, solange unsere Zahlen auch stimmen. Denn wir dürfen nicht vergessen: Unsere langfristigen Wettbewerber werden zukünftig aus Asien kommen, wo 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche gearbeitet wird. Bei Ideen wie der 4-Tage-Woche wird es sehr sportlich, das hier mit noch mehr Effizienz auszugleichen.
Wie könnte es bei KLA in Weilburg in 10 Jahren aussehen?
In diesen spannenden Zeiten kann in 10 Jahren viel passieren. Aber ich hoffe, dass wir dann auf 10 erfolgreiche Jahre zurückschauen können – mit vielen realisierten Systemen und Technologien, die im Moment nur als vage Idee existieren, und weiteren spannenden Aufgaben, die dann vor uns liegen. In jedem Fall werden für uns der Umgang mit Künstlicher Intelligenz und Virtual Reality dann ganz normal sein, denn sie sind ein wichtiger Teil für die Effizienz im Betrieb.
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Interview: Maja Becker-Mohr
Fotos: Gerd Scheffler
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