CEO-Interview mit Julia Esterer
„HEIZÖL UND KEROSIN: UNSER DING“
Wirtschaftszeitung Aktiv vom 15. Februar 2020
Chef-Interview: Julia Esterer von Esterer Fahrzeugbau über ihre besonderen Herausforderungen
Helsa. Marktführer für Straßentankwagen in Deutschland und weltweit die Nummer eins, wenn es um Betankungsanlagen für Flugzeuge geht: Das ist Esterer Fahrzeugbau im nordhessischen Helsa – mit 180 Mitarbeitern und 40 Millionen Euro Jahresumsatz. aktiv sprach mit Geschäftsführerin Julia Esterer – einer Unternehmerin, die sich auch in Zeiten, in denen manch einer Ölheizungen und das Fliegen am liebsten verbieten würde, ihren Optimismus und den Glauben an Fortschritt durch neue Technologien nicht nehmen lässt.
Haben Sie noch Spaß am Fliegen?
Ja, denn ich könnte meinen Job nicht machen, wenn ich aufs Fliegen verzichten würde. Abgesehen davon, dass Flughafenbetreiber zu unseren Kunden zählen, sind Flugzeuge das richtige Transportmittel, um schnell und sicher große Strecken zu überwinden. Es bedrückt mich, dass heute viele nur noch schwarz-weiß denken, in Gut oder Böse einteilen. Viele Debatten sollte man weniger emotional führen. Es ist ja gut, dass es öffentliche Verkehrsmittel gibt und E-Roller in der Stadt. Hier bei uns braucht man Autos, um voranzukommen. Wir haben in Helsa ja noch nicht mal schnelles Internet.
Trotzdem sind Sie Branchenführer?
Das liegt wohl an dem Ingenieurgeist bei Esterer. Die Suche nach Innovationen und kontinuierlichen Verbesserungen treibt uns voran. Mein Großvater war ein begnadeter Ingenieur und gründete den Betrieb 1955. Mein Vater trieb das Unternehmen mit Weitsicht und viel Liebe zum Detail voran. Ich bin Betriebswirtin mit Begeisterung für Technik sowie Management-Erfahrung im BMW-Konzern. Seit ich hier bin, wurden alle Prozesse restrukturiert. Die Mitarbeiter haben gelernt, in Prozessen zu denken, und wir arbeiten weiter an Verbesserungen.
Und die sind zunehmend digital?
Selbstverständlich. Wir bieten unseren Kunden zum Beispiel eine App, die sie weltweit vernetzt mit unseren Service-Mitarbeitern. Über eine Datenbrille, die ein Mitarbeiter des Kunden vor Ort trägt, werden sie über große Distanzen angeleitet beim Beheben technischer Probleme. Sensordaten an Flugfeldtankwagen bieten zusätzliche Kontrollmöglichkeiten. Man sieht sofort, wann wo Wartungen fällig sind, wie effizient Fahrten erfolgen oder ob ein Fahrer zu schnell gefahren ist. So sorgen wir für mehr Sicherheit auf dem Flugfeld. Für unsere Fahrzeuge haben wir eine elektrische Betankung entwickelt. Heizöl oder Kerosin werden leise und abgasfrei betankt. Das alles trägt zum Klimaschutz bei.
Wie digital ist Ihre Produktion?
Wir digitalisieren, wo es möglich ist, und haben schon viel erreicht. Gut 5 Prozent des Umsatzes investieren wir in diesem Jahr in den Betrieb. Gerade führen wir eine neue Unternehmenssoftware ein zur besseren Planung und Verwaltung aller Abläufe. Automatisierung hat bei uns Grenzen. Wir sind eher ein Handwerksbetrieb mit hochwertiger Ingenieurleistung.
Was fordert Sie aktuell heraus?
Jede Menge, von harten Klimazielen bis Fachkräftemangel und Handelszöllen. Im internationalen Wettbewerb sind wir mit Abstand die teuersten Anbieter, durch die enormen Kosten am Standort Deutschland. Man fühlt sich wie in einem Schraubstock, bei all dem, was wir tagtäglich leisten müssen. Deshalb hoffe ich auf ein vernünftiges Ergebnis bei den Tarifverhandlungen, das den anhaltenden Druck gerade auf den Mittelstand nicht noch weiter erhöht.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten bei einer guten Fee …?
… würde ich mir mehr Zeit wünschen, gerade auch für meinen Lebensgefährten und meine Kinder. Grundsätzlich bin ich aber sehr zufrieden mit meinem Leben. Früher war ich in der ganzen Welt unterwegs, habe in Singapur und in Melbourne gelebt. Aber in Nordhessen bin ich zu Hause, hier fühle ich mich wohl, und ich liebe Kassel.
Text: Maja Becker-Mohr
Zur Person: Julia Esterer
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