CEO-Interview mit Rainer Welzel

Rainer Welzel im Showroom des Schaltanlagenwerks

Wirtschaftszeitung Aktiv vom 16. Januar 2021

 

Chef-Interview – Rainer Welzel von Siemens darüber, sich ständig neu zu erfinden

Frankfurt. Siemens ist mit über 90.000 Beschäftigten einer der größten privaten Arbeitgeber und Ausbildungsbetriebe in Deutschland. Rainer Welzel gehört seit 20 Jahren zu Siemens und trägt die Personalverantwortung für die über 6.000 Mitarbeiter, die an Standorten in Hessen, Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Baden-Württemberg beschäftigt sind. aktiv sprach mit ihm über die Arbeit in einem weltweit tätigen Technologiekonzern auf dem Weg ins digitale Zeit­alter und die ganz besonderen Herausforderungen im Jahr 2020.

 

Wie findet man sich in einem Großkonzern wie Siemens mit weltweit fast 300.000 Mitarbeitern zurecht?

Indem man sich auf die Aufgaben konzentriert, die vor einem liegen. Siemens hat sich enorm gewandelt und ist heute ein Mischkonzern mit den Schwerpunkten digitale Transformation, Infrastruktur, Mobilität und Gesundheit. Auf dem Weg dahin mussten auch unpopuläre Entscheidungen getroffen werden. Aber dafür stehen wir jetzt richtig gut da.

Haben Sie dafür ein Beispiel?   

Ja. Ein Beispiel ist das Schaltanlagenwerk in Fechenheim. Im Jahr 2000 wurde die Produktion luftisolierter Schaltanlagen hier aufgegeben, und man hat sich auf die gasisolierten Schaltanlagen konzentriert. Das sind Schlüsselkomponenten in Stromverteilungsnetzen, damit man Strom etwa in ganzen Straßenzügen an- oder abschalten kann. Wir sind heute der Markt- und Technologieführer für diese Anlagen, und das Fechenheimer Werk gilt als produktivster und auch umweltfreundlichster Betrieb der Branche weltweit. Seit 2000 wurden 750 Arbeitsplätze auch im Blue Collar Bereich aufgebaut, und wir sind dabei, die Anlagen noch umweltfreundlicher zu machen. Übrigens haben wir gerade das vierte Rekordjahr in Folge hingelegt.

Was löste diesen Erfolg aus?

Ich bin davon überzeugt, dass letztlich zwei Dinge über Erfolg und Misserfolg und damit die Zukunft eines Betriebs entscheiden: Innovationskraft und die Geschwindigkeit, mit der Innovationen und damit einhergehende Veränderungen bis hin zur Qualifizierung der Mitarbeiter umgesetzt werden. Wir stehen im weltweiten, harten Wettbewerb mit anderen Unter­nehmen. Aber auch unsere eigenen Werke in China oder Indien lernen schnell. Gerade in China arbeitet man mit beeindruckender Akribie und Power. Sich hier auf dem Erreichten auszuruhen, ist deshalb keine Option.

 

Höchst produktiv: Das Schaltanlagenwerk in Frankfurt-Fechenheim.

Wie haben Sie das Corona-Jahr 2020 erlebt?

Wie andere auch, mit Aufs und Abs, großen Herausforderungen, aber auch schönen Momenten. Wir mussten uns schnell gute Konzepte überlegen, damit die Mitarbeiter geschützt sind, auch wenn die Produktion weitergeht. Daneben ging jeder wenn möglich ins Homeoffice. Letztlich wurde so der Einzug in die virtuelle Welt enorm beschleunigt. Ohne Corona wären wir nie so schnell so weit gekommen. Und plötzlich stellt man fest, dass diese Pandemie bei aller Anspannung das Leben auch entschleunigt hat. Mir blieb tatsächlich mal mehr Zeit für Sport.

Wo sehen Sie die größte Herausforderung für die Zukunft?

Die Arbeitswelt, wie wir sie kennen, ist 2020 untergegangen und wird auch nicht mehr kommen. Was bleibt, ist der virtuelle Weg. Wir müssen die digitale Transformation annehmen und leben. Wir müssen unsere Beschäftigten überzeugen, die bevorstehenden Veränderungen anzunehmen, und wollen ihre Lernbegeisterung wecken beziehungsweise noch weiter fördern. Dafür haben wir unter anderem ein umfangreiches Weiterbildungsprogramm aufgesetzt.

Engagieren Sie sich deshalb beim Arbeitgeberverband Hessenmetall?

Wandel und Veränderung entstehen nie von allein, sondern immer im Dialog. Hessenmetall bietet eine ideale Plattform für Unter­nehmen, um sich auszutauschen, zum Beispiel zu Zukunftsthemen wie der Digitalisierung oder auch, wenn es um die Tarifrunden geht. Der Austausch macht mir Freude, und ich möchte diese Arbeit nicht missen. Und das Sahnehäubchen dabei: Durch die Kooperation von Hessenmetall mit Eintracht Frankfurt bin ich meinem Lieblingsfußballklub viel näher gekommen.

Text: Maja Becker-Mohr

 

Zur Person: Rainer Welzel

  • 1962 geboren in Weilbach (Flörsheim), verheiratet, zwei Kinder.
  • Jurastudium in Heidelberg, Referendariat, Fachanwalt für Arbeitsrecht.
  • 1999 Einstieg bei Mannesmann VDO in Schwalbach, seit 2001 Siemens.
  • Heute Personalleiter von Siemens Südwest mit Personalverantwortung für mehr als 6.000 Beschäftigte.
  • Mitglied des Landesvorstands des Arbeitgeberverbands Hessenmetall.

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