CEO-Interview mit Rolf Heinecke von C + P über die Digitalisierung im Stahlbau

„WIR BAUEN ERST VIRTUELL, UND DANN REAL“

Markus Michels von focus Industrieautomation über bahnbrechende Ideen, Foto Gerd Scheffler

Breidenbach. Tonnenschwere Stahlträger sind das Herz von CHRISTMANN + PFEIFER (C + P), einem Stahlbau-Spezialisten für Industrie- und Gewerbebauten im mittelhessischen Breidenbach mit 225  Beschäftigten. aktiv sprach mit dem Geschäftsführenden Gesellschafter Rolf Heinecke über spannende Bauprojekte und den Einzug der Digitalisierung in der Branche.

Was kann CHRISTMANN + PFEIFER, was andere nicht können?

Seit fast 100 Jahren sind wir die Experten für Stahlbau bei Gewerbe- und Industriebauprojekten. Doch mit unserem Leistungsportfolio bieten wir deutlich mehr als klassische Bauunternehmen – durch unsere Unternehmensstruktur und ein großes Netzwerk von Spezialisten. So realisieren wir beispielsweise auch schlüsselfertige Projekte wie das weltweit größte BMW-Autohaus mit einer Fassadenlänge von 140 Metern, das 2022 in Nürnberg fertiggestellt wurde. Wir bauen Flugzeugwartungshallen, etwa für den Airbus, oder auch riesige Produktionshallen für die dann 3.000 Tonnen Stahl verarbeitet werden, und vieles mehr. Es begeistert mich immer wieder, wenn so ein Gebäude, das viele Monate nur virtuell existierte, dann ganz real vor einem steht.

Welche Rolle spielt denn die Digitalisierung im Stahlbau?

Im Vergleich zu manch anderen Branchen hat die Bauindustrie da sicher noch Nachholbedarf, aber auch hier hat sich schon viel getan. Wir arbeiten zum Beispiel mit Building Information Modeling, kurz BIM. Das ist eine Arbeitsweise, mit der man alle Daten und Informationen rund um den Bauprozess erstellen und verwalten kann. Man schafft damit einen digitalen Zwilling des geplanten Gebäudes, in dem Bauherren, Planer und Handwerker mit Hilfe einer AR-Brille selbst in die kleinste Ecke schauen können. Wir bauen also erst virtuell und dann real. So kann man Änderungswünsche unkompliziert einarbeiten, ohne dass - schlimmstenfalls - im fertigen Gebäude wieder etwas abgerissen werden müsste. Das spart dann Zeit, Kosten und sicher auch Nerven beim realen Bau.

Das heißt, auch am Bau ist die Zukunft digital?

Ganz sicher. Es ist fantastisch, welche Möglichkeiten die Digitalisierung schafft. Über eigene Plattformen können alle am Bau Beteiligten Zugang zu Informationen bekommen. Subunternehmer können ihre Gewerke unkompliziert abrufen. In der Bauphase ist der Stand der Arbeiten jederzeit einsehbar, Prozesse lassen sich leichter überprüfen und die Dokumentation ist zum Schluss weit weniger aufwendig als bisher. Für viele fängt der Bau erst an, wenn die Bagger rollen. Das muss raus aus den Köpfen. Der Bau beginnt mit der sorgfältigen und ganz detaillierten Planung über alle Prozesse hinweg und erst danach geht es auf die Baustelle. So bleiben Zeit und Kosten im Rahmen. Natürlich muss man dafür viel investieren in Hard- und Software und auch in die Weiterbildung der Mitarbeiter. Aber wer dazu nicht bereit ist, wird vom Markt verschwinden.

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Spüren Sie den Fachkräftemangel?

Ja klar, auch wenn es uns im Vergleich zu anderen in der Branche noch relativ gut geht. Wir sind seit Generationen bekannt in der Region als guter Ausbilder und Arbeitgeber, als Unternehmen, in dem man respektvoll miteinander umgeht. Schließlich arbeiten wir alle gemeinsam am Erfolg von C + P. Und das ist hier eigentlich allen klar. Übrigens haben wir schon 1999 hier in Breidenbach mit 10 weiteren Firmen ein eigenes überbetriebliches Bildungszentrum gegründet als Tochterunternehmen von C + P. Heute zählt C + P Bildung um die 70 Partnerbetriebe und ist damit Hessens größter Ausbildungsverbund im Bereich Metall. Daneben bieten wir dort auch alle möglichen Weiterbildungsangebote bis hin zu Umschulungen in M+E-Berufen.

Wo sehen Sie aktuell Ihre größte Herausforderung?  

Seit 37 Jahren bin ich jetzt bei C + P. In der Zeit gab es natürlich viele Aufs und Abs, die wir mit viel Flexibilität und Einsatz gemeinsam gemeistert haben. Allerdings erleben wir aktuell alle eine ganz neue Dimension von Problemen. Zinsentwicklung, Energiekrise und Lieferengpässe werden in unserer Branche dazu führen, dass Bauherren weniger investieren. Auch darauf werden wir wieder flexibel und mit guten Ideen reagieren müssen. 2025 wollen wir unser 100-jähriges Jubiläum feiern - als topmodernes und für die Zukunft gut aufgestelltes Unternehmen, das ich dann mit einem guten Gefühl in die Hände meiner Nachfolge geben möchte.

Werden Sie als gebürtiger Kölner nach der Pensionierung wieder zurückgehen in die Großstadt am Rhein?

Köln ist und bleibt für mich die schönste Stadt der Welt und ich fahre immer wieder gerne dorthin. Aber meine Heimat ist inzwischen Hessen. 1985 habe ich ganz klar meine Prioritäten im Berufsleben gesetzt und da mich die Aufgabe bei C + P reizte, zog ich eben von der der Großstadt aufs Land. Anfangs war das schon eine Umstellung, aber ich habe mich überraschend schnell an den ländlichen Raum gewöhnt. Hier habe ich Familie und Freunde und hier fühle ich mich wohl.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten an eine gute Fee? Was würden Sie sagen?

Ich würde mir wünschen, dass die nachfolgenden Generationen ein ähnlich gutes und relativ sorgenloses Leben haben können, wie ich es hatte. In unserer Gesellschaft gab es immer eine gewisse Grundharmonie und ich hoffe sehr, dass die bleibt, auch wenn die herausfordernden Aufgaben, die Wirtschaft und Gesellschaft meistern müssen, die Gesellschaft verändern werden.


Text: MAJA BECKER-MOHR

Fotos: Gerd Scheffler

 

Zur Person: Rolf Heinecke

  • 1954 geboren in Köln, drei Kinder.
  • Bauingenieurstudium in Ulm und Stuttgart, Abschluss Diplom-Ingenieur.
  • 1985 Einstieg bei Christmann + Pfeifer im mittelhessischen Breidenbach als Geschäftsführer für den Bereich Bau.
  • Seit 1991 Gesellschafter der C + P-Gruppe (rund 900 Beschäftigte).

 

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