Die mittelhessischen Metallarbeitergeberverbände verschmelzen
Das Jahr 1921 begann turbulent mit einem Arbeitskampf in der Wetzlarer Metallindustrie. Die Einkommensschere klaffte immer weiter auseinander und sorgte für Lohnkonflikte. Im Januar legten die Arbeiter der Sophienhütte sowie des Optikunternehmens Leitz die Arbeit nieder und forderten höhere Löhne. Die betroffenen Firmen riefen in der Lokalzeitung „Wetzlarer Anzeiger“ zur Arbeitsaufnahme auf. Doch der Streik weitete sich schnell auf andere Firmen in der Region aus und es gab es mehr als 4.500 Streikende in Wetzlar und Aßlar.
Der Wetzlarer Arbeitskampf
Der mittelhessische Metallarbeitgeberverband wandte sich an das Reichsarbeitsministerium, damit es vermitteln konnte. Ein erster Schlichtungsversuch in Gießen wurde von der Gewerkschaft abgebrochen. Daraufhin sperrten die noch nicht bestreikten Firmen in Mittelhessen die Arbeiter aus. Davon waren ab Februar rund 10.000 Arbeiter betroffen. Das Arbeitsministerium hielt kein staatliches Eingreifen für notwendig, sondern verlangte von den beiden Parteien die Arbeitsbedingungen selbst zu regeln. Am Ostersamstag einigte man sich und die Firmen wurden wieder geöffnet. Alle streikenden und ausgesperrten Arbeiter wurden wieder eingestellt.
Metallarbeitgeberverbände in Wetzlar, Gießen und Butzbach schließen sich zusammen
Im Jahr 1922 wurde die Verzahnung der mittelhessischen Arbeitgeberverbände weiter vorangetrieben. „Die Erfahrung hat gelehrt, dass es ungleich besser ist die Verbände zu verschmelzen“, meinte Carl Humperdinck, der damalige Vorsitzende des Wetzlarer Lahnarbeitgeberverbands. Im Juni wurden die letzten Meinungsverschiedenheiten zwischen den Arbeitgeberverbänden Wetzlar, Gießen und Butzbach beseitigt. Ende August erwarben sie „ein eigenes Heim“ in der Gießener Westanlage. Endgültig wurde die Gründung des neuen „Arbeitgeberverbandes für Lahngau und Oberhessen“ im September mit einer Satzung und Vorstandswahlen besiegelt. Neben acht Fachgruppen, die sich den verschiedenen Industriezweigen widmeten, wurden auch fünf Ortsgruppen (Wetzlar, Limburg, Gießen, Butzbach, Alsfeld-Lauterbach) gebildet.
Hyperinflation sorgt 1923 für kuriose Löhne und stellt Verband vor Zerreißprobe
Durch den Ersten Weltkrieg war die erste deutsche Republik hochverschuldet. Reparationszahlungen und die Besetzung des Rheinlandes waren eine Katastrophe für die Wirtschaft. Zum Ausgleich wurde immer mehr Geld gedruckt. Die Folgen mündeten im Jahr 1923 in einer Hyperinflation. Eine normale Tarifpolitik war zu dieser Zeit undenkbar. Es gab schwindelerregende Gehaltserhöhungen von bis zu 600 Prozent und die Löhne stiegen im Laufe des Jahres in kaum nachvollziehbare Dimensionen. Im August erhielt ein kaufmännischer Angestellter der Buderus´schen Eisenwerke 163 Millionen Mark, im November waren es bereits rund 113 Billionen Mark.
Mit einer neuen Währung, der Reichsmark, gelang im Januar 1924 die Rückkehr zur Normalität. Auch die Gehälter waren wieder auf dem Boden der Tatsachen angelangt, wie das Exempel des kaufmännische Angestellten bei Buderus zeigt: er verdiente nun 275 Mark monatlich. Die Inflation war eine Zerreisprobe für den Verband, denn neben den Beitragsrückständen der Mitglieder waren die vielen Lohnverhandlungen und Abänderungen der Löhne mit einem hohem Aufwand und Kosten verbunden.