HESSENMETALL Mittelhessen präsentiert die Ergebnisse der Herbstumfrage 2022

Auch im Jahr 2022 hat HESSENMETALL Mittelhessen im vierten Quartal die rund 140 Mitgliedsunternehmen zur Teilnahme an der traditionellen Herbstumfrage aufgerufen, um aktuelle Daten zu Konjunktur und Wirtschaft in der heimischen M+E-Industrie zu erhalten. Vorsitzender Oliver Barta fasste die diesjährigen Ergebnisse zusammen: „Die Herausforderungen für unsere Industrie sind im Moment gewaltig. Besonders die Kombination aus hohen Energiekosten, massiven Problemen in den Lieferketten und dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel belasten die Betriebe enorm. Aktuell gelingt es laut unserer Umfrage vielen unserer Unternehmen glücklicherweise noch, irgendwie durch diese schwierigen Zeiten zu kommen. Jedoch sind gerade die Prognosen für das Frühjahr 2023 sehr alarmierend, da eigentlich in allen Bereichen eine erkennbare Verschlechterung der Lage erwartet wird.“

Oliver Barta, Leiter Personal der Bosch Thermotechnik GmbH, Wetzlar: „Allgemeine Geschäftslage mit trüber Prognose für die kommenden Monate - Auftragslage schwächt sich ab“

„Bezüglich der allgemeinen Geschäftslage haben uns die Betriebe für den Moment eine stabile Rückmeldung gegeben. Fast 40% der teilnehmenden Unternehmen berichten aktuell von einer guten, weitere 35,7% von einer befriedigenden wirtschaftlichen Situation. Somit verbleibt jeder vierte Betrieb, der sich momentan in einer schlechten Lage sieht. Für die kommenden Monate sehen die Zahlen hingegen sichtbar schlechter aus. Mehr als die Hälfte der Befragten gehen von einer deutlich schlechteren Lage aus. Diese Ergebnisse machen noch einmal deutlich, dass unsere heimischen M+E-Unternehmen nicht sicher sein können, wie lange sie die Vielzahl an aktuellen Herausforderungen noch gut bewältigen können.

Auch wenn aktuell häufig von einer sehr guten Auftragslage in der Industrie gesprochen wird, zeigt sich in unserer Umfrage ein eher differenziertes Bild: Während 45,2% tatsächlich gute Zahlen vermelden können sehen aber auch 31% unserer Unternehmen ihr eigenes Auftragsvolumen momentan als zu gering an. Wenig Grund zur Hoffnung geben dann die kommenden Monate für die 55,8% der Betriebe angegeben haben, erkennbar abnehmende Auftragseingänge zu erwarten.“

Fritz Georg Rincker, geschäftsführender Gesellschafter der Rincker Glocken- und Kunstgießerei GmbH & Co., Sinn: „Umsätze nur noch vorerst stabil - Ertragsniveau gibt Anlass zur Sorge“

„Bei den Umsätzen berichten 44,2% der Unternehmen aktuell noch von guten Umsätzen. Jedoch ändert sich diese Einschätzung beim Blick auf die kommenden Monate deutlich, da für diesen Zeitpunkt gut 50% der Betriebe dann fallende Umsätze prognostizieren. Noch drastischer sind die Zahlen bei den Erträgen, wo wir bereits bei einem sichtbar weniger optimistischen Niveau starten: lediglich 28,6% der Befragten sprechen momentan von einer guten Situation, beinahe 43% beklagen hingegen schlechten Ertragszahlen. Der Blick aufs Frühjahr macht dann klar: mit 52,4% geht ein Großteil von einer Verfestigung der Zahlen auf dem schwachen Niveau aus, während noch weitere 40% sogar ein weiter fallendes Ertragsniveau befürchten.

Arbeitskosten haben einen hohen Einfluss auf die Attraktivität eines Produktionsstandortes, doch kaum ein anderes Land belastet den Faktor Arbeit so hoch mit Abgaben wie Deutschland. Neben anderen Standortfaktoren wie Infrastruktur, Arbeitskräftepotential und erreichbaren Absatzmärkten ist die Höhe der Arbeitskosten besonders wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen. Die hessische Landesregierung muss sich deshalb im Bund vor allem dafür einsetzen, dass der Gesamtbeitrag zur Sozialversicherung bei maximal 40 % gehalten wird, um sicherzustellen, dass von den hohen Bruttolöhnen in Deutschland auch ein ausreichend großer Teil bei den Beschäftigten ankommt.“

Wolfram Kuhn, Geschäftsführer und Gesellschafter der Herborner Pumpentechnik GmbH & Co KG: Energiekrise in den Unternehmen angekommen – 96% Prozent sind von Kostensteigerungen betroffen“

„Im Rahmen einer zusätzlichen hessenweiten Blitzumfrage vom Oktober 2022 wollten wir von unseren Mitgliedern erfahren, welche Auswirkungen die aktuelle Energiekrise auf die Unternehmen haben. Demnach sind 96 Prozent der Unternehmen durch Kostensteigerungen bei Energie und energieintensiven Vorleistungen betroffen, rund jeder achte Betrieb bereits in einer existenzgefährdenden Art und Weise. Der Grund: Die Einkaufskosten haben sich 2022 im Vergleich zu 2021 um 45 Prozent erhöht, bei Energie wie Gas und Strom sogar vervielfacht. Die Unternehmen versuchen daher, so gut es geht, Gas einzusparen. Fast 90 Prozent sparen bereits ein, mehr als jedes achte Unternehmen sogar in starkem Umfang.

Dieses Umfeld wirkt sich auch sichtbar negativ auf den Auftragsbestand der Unternehmen aus. Inzwischen sind über 50 Prozent über alle Branchen der M+E-Industrie hinweg von Stornierungen und Auftragsverschiebungen betroffen, zusätzlich erwarten 25 Prozent dies in den kommenden Monaten. Mehr als ein Drittel der Firmen sieht sich daher wirtschaftlich gefährdet, womit sich der Anteil gegenüber der Umfrage im Mai verdoppelt hat. Eine weitere Einschränkung bei den Gaslieferungen würde die Situation der M+E-Unternehmen noch extremer verschärfen.“

Dr. Torsten Müller-Kramp, Geschäftsführer der Alexander Binzel Schweisstechnik GmbH & Co. KG, Buseck: „Investitionen auf ausreichendem Niveau – Unternehmen brauchen eine wettbewerbsorientierte Marktwirtschaft“

„Aktuell bewerten 23,3% ihr eigenes Investitionsvolumen für verhältnismäßig hoch und weitere 48,8% für ausreichend. Bei der Prognose für die kommenden Monate gehen über 60% von Investitionen auf gleichem, 30% sogar von einem schlechteren Niveau aus. Der leichte Rückgang wird ebenso an der Art der Investitionen deutlich: Mit aktuell 24,7% liegen die Ersatzinvestitionen auf ähnlichem Niveau wie die Produktinvestitionen mit 27,3%. Die beschäftigungswirksamen Erweiterungsoptionen sind um circa 12% deutlich gesunken. Zudem kann auch ein Rückgang um 4% auf nur noch 13,8% bei der Auslandsinvestitionsquote an Standorten außerhalb Deutschlands verzeichnet werden.

Eine wettbewerbsorientierte Marktwirtschaft braucht einen Staat, der eine verlässliche Rahmenordnung für unternehmerische Tätigkeiten scha­fft und nicht die Spielregeln des freien Wettbewerbs in der sozialen Marktwirtschaft immer weiter aushebelt. Das verringert die Anreize für Bürger und Unternehmen zur Leistungserbringung und zur Übernahme von Haftungsrisiken für Innovationen und Investitionen – den wichtigsten Quellen für Wohlstand und Wachstum. Es müssen gute Rahmenbedingungen an unserem Heimatstandort Hessen für Investitionen, Innovationen, Wachstum und Beschäftigung geschaffen werden und zwar in allen Wirtschaftszweigen.“

Oliver Rüspeler, Geschäftsführer der Johannes Hübner Fabrik elektrischer Maschinen GmbH, Giessen: „Exportmotor stottert aktuell – Zugang zu Exportmärkten darf nicht eingeschränkt sein“

Die Exportquote liegt auch 2022 mit 45,8% noch in etwa auf dem Niveau der Vorjahre. Betrachtet man hingegen die wertmäßigen Exporte der Unternehmen geben hier 50% momentan an noch ausreichende Absätze außerhalb von Deutschland zu erzielen, während bei mehr als 30% bereits zu geringe Werte gemeldet werden. Im Frühjahr wird diese Zahl vermutlich laut Angabe der Betriebe dann auf etwas über 40% weiter steigen. Nach wie vor liegen die Exportschwerpunkte im Euroraum, gefolgt von Asien und Nordamerika.

Die Unternehmen sehen sich momentan jedoch weltweit mit Herausforderungen auf den regionalen Märkten konfrontiert. Hier ist gerade auch die Politik gefragt. Daher muss sich die Landesregierung sowohl im Bund als auch in der EU weiterhin für off­ene Märkte und faire Freihandelsabkommen einsetzen. Große Teile der hessischen Wirtschaft sind stark exportorientiert. Die Aufrechterhaltung o­ffener Märkte und des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs ist somit erfolgskritisch für den Wirtschaftsstandort.“

Sascha Drechsel, Geschäftsführer HESSENMETALL Mittelhessen: „Beschäftigungsniveau bleibt trotz Herausforderungen stabil – Arbeitskräftemangel bleibt große Herauforderung“

„Im Herbst 2022 sind in den teilnehmenden Unternehmen knapp 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Diese Zahl soll laut Einschätzung der Unternehmen im kommenden Halbjahr um 1,8% auf circa 13.200 ansteigen, was noch einmal deutlich macht, wie wichtig den Betrieben aktuell das Halten der eigenen Belegschaft ist. Der leichte Personalaufbau soll dann zu großen Teilen in der Produktion stattfinden, wo viele Unternehmen immer noch nach neuen Mitarbeiter/-innen suchen. Gegenläufig dazu planen die Befragten aber auch, die Zahl der Zeitarbeitnehmer erkennbar zu reduzieren, um so auf möglicherweise ausbleibende Aufträge reagieren zu können.
Nach wie vor haben die heimischen Unternehmen mit einem großen Arbeitskräftemangel zu kämpfen, nicht nur bei Fachkräften, sondern auch bei den Auszubildenden. Ausbildungsplätze können nicht mehr besetzt werden, weil es schlicht an geeignetem Nachwuchs fehlt. Dringender Verbesserungsbedarf besteht hier besonders im Übergang von der Schule in den Beruf. Es muss klare Vorgaben und Umsetzungshilfen für die Berufliche Orientierung in Schulen sowie eine verpflichtende Berufsberatung geben. Beim Thema Fachkräftezuwanderung müssen bürokratische Hürden beseitigt und eine Eingliederung in unsere Gesellschaft vereinfacht werden. Weiter müssen auch alle hiesigen Potenziale gehoben werden – unter anderem mit mehr dualer Ausbildung, besseren Anreizen zu dem hessischen Erfolgsmodell StudiumPlus und einem längeren Erwerbsleben.“

Janina Hill

Pressesprecherin
Online-Kommunikation

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