Als Heisskanal- und Kaltkanalspezialist ist GÜNTHER Heisskanaltechnik GmbH in Frankenberg Top-Ausrüster für Spritzgussanwendungen der kunststoff- und silikonverarbeitenden Industrie. Im Rahmen unserer Serie „CEO im Interview“ stellt Geschäftsführer Dr. Stefan Sommer sich und sein Unternehmen vor.
Sommer: „In der Branche der Werkzeug- und Formenbauer und im Kunststoff-Spritzgießen sind aktuell mehrere Trends zu beobachten: die verstärkte Nutzung digitaler Technologien im Rahmen von Industrie 4.0, die zunehmende Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und die Automatisierung von Fertigungsprozessen mit Robotern und automatisierten Systemen. Das erfordert von uns kontinuierliche Innovation, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Parallel sehen wir den Fachkräftemangel als sehr kritisch an. Viele junge Menschen ziehen für Ausbildung oder Studium in die Städte und kehren oft nicht zurück.“
Herr Dr. Sommer, seit wann besteht GÜNTHER und was bietet Ihre Firma?
Die Firma GÜNTHER Heisskanaltechnik GmbH wurde in 1983 durch Herrn Günther in Allendorf-Rennertehausen gegründet. Im letzten Jahr konnten wir so auf eine 40-jährige Firmengeschichte zurückblicken. Bereits von Anfang an entwickelt und produziert unsere Firma Heißkanalsysteme für den Kunststoffspritzguß. Unsere Produkte werden eingesetzt, um die Kunststoffschmelze materialschonend, energieeffizient und unter Vermeidung von unnötigem Kunststoffabfall in die Formen zu spritzen. Besonders in den letzten Jahren erleben wir verstärkt Zuspruch, da ein Heißkanalsystem es erlaubt, ressourcenschonend und somit nachhaltig, hochwertige Kunststoffprodukte in den Branchen Automotive, Pharmazie oder Consumer-Artikel zu produzieren.
Die Firma Günther beschäftigt am Standort in Frankenberg rund 225 Mitarbeitende, während in den Auslandsgesellschaften in Frankreich, Österreich, Italien, USA und China nochmals rund 30 weitere Mitarbeitende hinzukommen. Seit 2020 haben wir auch eine eigene IT-Firma, welche die Digitalisierung mit 14 Mitarbeitenden vorantreibt mit Sitz in Berlin.
Wie war Ihr bisheriger Werdegang?
Nach dem Abitur 2008 in Frankenberg (Eder) studierte ich Physik mit den Nebenfächern Mathematik und Chemie an der Philipps-Universität in Marburg. In meiner anschließenden Promotion bei Herrn Prof. Koch konnte ich bereits industrienah über Möglichkeiten der zerstörungsfreien Defekt-Prüfung von Kunststoffen forschen. Herr Herbert Günther, Gründer der GÜNTHER Heisskanaltechnik GmbH, holte mich 2018 nach meiner Promotion in sein Unternehmen, mit der Besonderheit, dass meine Mutter hier die Geschäftsleitung innehatte.
Im Jahr 2019 wurde ich Prokurist und Abteilungsleiter Regeltechnik & Smart Devices mit dem Fokus, digitale Produkte voranzubringen. 2023 kam die Berufung in die Geschäftsführung. In diesem Jahr erfolgte dann die Ausweitung meines Mandats auf alle Tochterfirmen, so dass ich seit 2024 auch alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer unserer Auslandsniederlassungen sowie unserer Elektronik & IT-Firma in Berlin bin.
Was schätzen Sie daran, Geschäftsführer zu sein?
Als Geschäftsführer ist jeder Tag anders. Es gibt keine vorhersehbaren Tagesabläufe, auf die man sich einstellen kann. Situativ müssen Entscheidungen gefällt und Strategien aufgestellt werden in unterschiedlichen Disziplinen. Diese Vielfalt der Aufgaben – von strategischer Planung über die Mitarbeiterführung, die technische Ausrichtung in Forschung & Entwicklung bis hin zur Finanzverwaltung – begleiten mich als Geschäftsführer in einem mittelständischen Unternehmen täglich. Jede dieser Aufgaben erfordert ein unterschiedliches Set an Fähigkeiten und bietet ständig neue Herausforderungen.
Die Verantwortung, die mit dieser Position einhergeht, ist beträchtlich, aber sie bringt auch eine tiefe Zufriedenheit mit sich. Die Möglichkeit, die Richtung des Unternehmens maßgeblich zu beeinflussen und einen spürbaren Einfluss auf den Markt und die Gemeinschaft zu haben, ist etwas, das mich täglich motiviert.
Schließlich ist das kontinuierliche Lernen, das diese Rolle mit sich bringt, etwas, das ich sehr schätze. Die ständige Anpassung an neue Markttrends, technologische Entwicklungen und veränderte Kundenbedürfnisse erfordern viel Flexibilität.
Wie viel Freizeit haben Sie, und was machen Sie damit?
Freizeit ist immer rar. Glücklicherweise habe ich ein sehr gutes Führungsteam, so dass auch ich im Urlaub einmal abschalten und mich auf mein Team verlassen kann. Aber die Gedanken kreisen natürlich immer rund um die Firma. In der Freizeit nach Feierabend engagiere ich mich im sportlichen und sozialen Bereich. Als aktiver Sportschütze liegt mir die Jugendarbeit am Herzen, in welcher ich auf Verbandsebene aktiv bin. Hinzu kommt noch das Engagement für meine Heimatgemeinde Burgwald. Hier engagiere ich mich kommunalpolitisch in der Gemeindevertretung und vertrete die lokalen Interessen der Bürgerinnen und Bürger. Diese Hobbys bringen auch eine große Anzahl weiterer Verpflichtungen und abendfüllende Termine mit sich. Bei diesen kann ich aber gut abschalten und den Firmenalltag ausblenden, da ich mich anderen Projekten und Menschen widme.
An wirklich freien Abenden und am Wochenende genieße ich es, mit der Familie unterwegs zu sein oder einfach in Ruhe mit Freunden einen gemütlichen Abend zu verbringen.
Welches sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für unsere Region und haben Sie Lösungsansätze?
In Nordhessen, wie aber auch in vielen ländlichen Regionen, stehen wir vor mehreren signifikanten Herausforderungen, die einer zielgerichteten und nachhaltigen Lösung von Wirtschaft und Politik bedürfen.
Zunächst ist der Fachkräftemangel ein kritisches Thema, welcher sich in den nächsten Jahren zuspitzen wird, da die Babyboomer-Generation in den Ruhestand geht. Viele junge Menschen ziehen für Ausbildung oder Studium in die Städte und kehren oft nicht zurück. Auch beobachte ich zunehmend, dass die klassische Ausbildung für viele junge Menschen unattraktiv erscheint. Hier muss ein Imagewechsel her. Es muss nicht immer das Studium sein, um Erfolg im Beruf zu haben. Wir Arbeitgeber müssen uns alle auf neue Arbeitsbedingungen einstellen: Die Mitarbeitenden müssen die Möglichkeit für mobiles Arbeiten erhalten und eine angenehme Büroatmosphäre für ihre Präsenzarbeit vorfinden.
Ein weiteres großes Problem ist die schlechte Infrastruktur. Viele Gebiete in Nordhessen leiden unter unzureichendem öffentlichen Nahverkehr, langsamen Internetverbindungen und begrenzten Freizeit- und Einkaufsmöglichkeiten. Investitionen in die digitale und physische Infrastruktur sind entscheidend. Dies könnte den Ausbau von Breitbandinternet, die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs und die Schaffung attraktiverer Lebensräume umfassen.
Schließlich ist die zunehmende Bürokratie in Deutschland eine Hürde, die besonders den Mittelstand zunehmend zu schaffen macht. Eine Vereinfachung und Digitalisierung bürokratischer Prozesse könnte hier Abhilfe schaffen. Wir brauchen eine schlankere und vor allem effizientere Form, um die Flut an bürokratischen Aufgaben mit den Behörden leisten zu können.
Um diese Herausforderungen zu bewältigen, ist eine starke Zusammenarbeit zwischen lokalen Behörden, Unternehmen, Bildungseinrichtungen und der Bevölkerung erforderlich. Durch gezielte Strategien und Investitionen kann Nordhessen seine ländlichen Gebiete stärken und so eine nachhaltige und prosperierende Zukunft sichern.