Beitrag aus der Rechtsabteilung Offenbach

Kündigung nach Verzehr eines Schokoladen-Weihnachtsmannes

In der Weihnachtszeit denkt man meist an Besinnlichkeit, Festtagsstimmung und Geschenke, doch in Berlin führte der süße Genuss eines Schokoladen-Weihnachtsmannes zu einer Kündigungsschutzklage über die das Arbeitsgericht Berlin zu entscheiden hatte.

Der Verkäufer, der seit mehr als 22 Jahren bei seinem Arbeitgeber im Einzelhandel beschäftigt war, hatte sich nach der Weihnachtszeit im Januar an einem übrig gebliebenen Schokoladen-Weihnachtsmann bedient, den man bereits in einen Nebenraum der Filiale ausgelagert hatte – allerdings ohne erklärte Erlaubnis seines Arbeitgebers.

Die Arbeitgeberin sah die Nascherei des Verkäufers weniger gelassen und ging von einem Diebstahl aus. Die Trennung voneinander sei „unausweichlich“ gewesen. Der Verkäufer empfand die Reaktion seines Arbeitgebers „weit überzogen“ und setzt sich gegen die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr. Die Richter entschieden zugunsten des Verkäufers und hielten die Kündigung für unwirksam.

Was die Richter jedoch nicht klären konnten: Hatte der Mann den kompletten Korpus des Weihnachtsmannes (so der Arbeitgeber) oder doch nur zwei Bruchstücke (so der Verkäufer) verspeist.


Letztlich kam es für das Gericht darauf nicht an. Das Gericht legte den Fokus vielmehr darauf, ob ein solcher Sachverhalt den Ausspruch einer Kündigung rechtfertigen könnte oder nicht, wobei das Gericht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besonders hervorhob. Das Gericht stellte klar, dass es nicht direkt des Abbruchs der Arbeitsbeziehung bedurfte, um dem Verkäufer den gewünschten Umgang mit der ausrangierten Ware zu verdeutlichen bzw. Unklarheiten diesbezüglich auszuräumen. Das Gericht wies darauf hin, dass es sich lediglich „um trostlose Überbleibsel von Weihnachtsmännern des Vorjahres“ gehandelt habe. „Eine Zurechtweisung des Klägers – und äußerstenfalls eine diesbezügliche Abmahnung“ hätten dafür „allemal genügt“. Dies gelte in Anbetracht der langen Betriebszugehörigkeit des Verkäufers umso mehr.

In seiner Begründung wies das Gericht auf die notwendige „Abwägung aller Umstände des Einzelfalls“ hin. Die Frage, ob ein gewisses Verhalten für die Verhältnismäßigkeit einer Kündigung ausreicht, hänge „von der unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmenden Interessenabwägung“ ab. Der Arbeitgeber habe seine Pflicht zur Abwägung der Einzelfallumstände verkannt und sich „rechtsirrig auf der sicheren Seite“ gewähnt.

Das Arbeitsgericht erklärte die Kündigung für unwirksam und verurteilte den Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung des Verkäufers.

Das Urteil zeigt einmal mehr: Gerade bei kleineren Vorfällen, wie dem Verzehr eine Schokoladen-Weihnachtsmannes, muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Die Kündigung war hier völlig unverhältnismäßig – eine Abmahnung wäre ausreichend gewesen.

Arbeitsgericht Berlin, Urt. v. 09.03.2007, 28 Ca 1174/07

 

RAin Anna-Lena Reuter

Rechtsanwältin | Syndikusrechtsanwältin

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