Kündigung schwerbehinderter Menschen in der Probezeit

AKTUELLER FALL


Bei einem Mitarbeiter der belgischen Eisenbahn wurde während der Probezeit eine Schwerbehinderung festgestellt, die es ihm unmöglich machte, im vereinbarten Job zu arbeiten. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis, der Arbeitnehmer wandte sich an das Gericht. Dieses legte den Rechtsstreit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vor und bat diesen um Stellungnahme zu der Frage, ob die Richtlinie RL 2000/78 den Arbeitgeber verpflichtet, einer Person, die aufgrund ihrer Behinderung nicht mehr in der Lage ist, die wesentlichen Funktionen ihres bisherigen Arbeitsplatzes zu erfüllen, an einem anderen Arbeitsplatz zu verwenden, für den sie die notwendige Kompetenz, Fähigkeit und Verfügbarkeit aufweist, sofern eine solche Maßnahme keine „übermäßige Belastung“ für den Arbeitgeber darstellt.
Dies wurde seitens des EuGH bejaht, der auch ausdrücklich betont, dass das auch für Arbeitnehmer während der Probezeit gelte.

Diese Entscheidung wird auch Folgen für das deutsche Arbeitsrecht haben:

Hier benötigt die Kündigung eines schwerbehinderten Mitarbeiters in den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses weder die Zustimmung des Integrationsamtes (§ 173 Abs.1 SGB IX) noch einen Kündigungsgrund gem. § 1 Abs.1 KSchG, so dass Arbeitsverhältnisse -auch mit schwerbehinderten Menschen- sehr einfach beendet werden können.

Im Lichte der Entscheidung der Luxemburger Richter werden Arbeitgeber künftig vor der Kündigung Schwerbehinderter auch während der ersten sechs Monate zu prüfen haben, ob mildere Mittel in Betracht kommen. Bitte nehmen Sie daher vor Ausspruch einer solchen Kündigung Kontakt mit der Rechtsabteilung Ihrer Bezirksgruppe auf.

 

RA Jörg Hermann

Geschäftsführer | Fachanwalt für Arbeitsrecht

Zurück