mikromess GmbH bietet mehr als Elektronik

Individuelle Leiterplatten aus dem Rheingau sind weltweit gefragt

Eltville am Rhein. Mehr als Elektronik - so lautet das Motto des neuen Mitgliedsunternehmens mikromess GmbH mit Sitz in Eltville. Unter einem Dach werden von der Hard- und Softwareentwicklung über die Bestückung von Leiterplatten bis hin zum Gehäusebau sämtliche Arbeitsschritte abgedeckt. Die im Rheingau gefertigten Baugruppen und Komplettgeräte kommen vor allem in der Medizintechnik und Industrie zum Einsatz.

Mikromess ist nach DIN EN 9001:2015 und DIN EN ISO 13485:2016 für Medizingeräte zertifiziert. Der Geschäftsführer Ernö Theuer hat das Unternehmen zum 1. August 2022 gemeinsam mit seinem Partner Jochen Friedrich gekauft, aber die ursprünglichen Inhaber Jochen Bayer und Arthur Welner stehen den beiden weiterhin mit Rat und Know-how zur Seite. Herr Bayers Neffe, Janis Bayer, ist Betriebsleiter der mikromess. So bedeutete die Übernahme des 1994 gegründeten Unternehmens keine allzu drastische Veränderung für die langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Derzeit gibt es 18 Beschäftigte in Eltville. Wir suchen Entwicklungs- und Elektroingenieure, um unsere Produkte weiter voranzubringen“, sagt Theuer. Der mittelständische Betrieb bildet zudem Elektronikerinnen und Elektroniker für Geräte und Systeme aus.

Geschäftsführer Ernö Theuer (links) begutachtet die Bestückung einer Leiterplatte.

„Der Bedarf an elektronischen Systemen wächst ständig – von der elektrischen Zahnbürste über Autos bis hin zu Drohnen“, berichtet der gelernte Volkswirt. Theuer nennt als Beispiel einen spannenden und futuristisch anmutenden Auftrag aus dem mittleren Westen der USA. In der dünn besiedelten Region setzen Apotheken auf Drohnen, um die weit zerstreute Bevölkerung auch über große Distanzen mit Medikamenten zu versorgen. Die Lieferdrohne muss wissen, wo sie gerade ist und an welches Ziel sie gesendet wird. In ihren Rotoren und Tragflächen befinden sich Leiterplatten von mikromess mit bis zu 40 verschiedenen Bauelementen, die zur Steuerung des unbemannten Luftfahrzeugs beitragen. „Ein Alleinstellungsmerkmal von uns ist die Fertigungstiefe und die enge Bindung zu unseren Kunden. Sie werden von der Entwicklung von Hard- und Software bis zum Gerätebau beraten und betreut“, erzählt Theuer. So entwickelt und fertigt mikromess auch für ein Industrieunternehmen aus der Region den Großteil der dort vertriebenen hochpräzisen Messgeräte, die weltweit eingesetzt werden.

Kunden werden von der Entwicklung bis zur Serienfertigung der Geräte betreut

Im Obergeschoss des Firmengebäudes werden sogenannte SMD- und THT-Leiterplatten gefertigt und bestückt. SMD-Bauteile (Surface-mounted device, dt.: oberflächenmontiertes Bauelement) haben im Gegensatz zu den bedrahteten THT-Bauelementen der Durchsteckmontage (engl.: through hole technology, THT) keine Drahtanschlüsse, sondern sie werden direkt auf eine Leiterplatte gelötet. Die SMD-Bestückungslinie funktioniert vollautomatisch. Zunächst wird eine Paste aus zähflüssigem Zinn, die wie ein Klebstoff wirkt, auf die Leiterplatte aufgetragen. Der Greifer des Bestückungsautomaten setzt nun die einzelnen Bauteile mit hoher Geschwindigkeit auf die Platine. Je nach deren Größe sind es zwischen 40 und 400 Komponenten. Insgesamt gibt es im Lager von mikromess rund 30.000 verschiedene Bauelemente.

Der Bestückungsautomat setzt die einzelnen Bauteile mit hoher Geschwindigkeit auf die Platine.

Die bestückte Leiterplatte wird über das Fördersystem in einen Ofen weitertransportiert, der zwölf unterschiedliche Heizzonen mit bis zu 400 Grad hat und dementsprechend programmiert werden muss. Im letzten Produktionsschritt werden die Leiterplatten in ein leeres Magazin befördert und kühlen dort ab. Mit einem Mikroskop erfolgt eine manuelle optische Kontrolle. Darüber hinaus werden die bestückten Baugruppen durch die automated optical inspection, kurz AOI, überprüft. Dieses System findet und meldet über ein Bildverarbeitungsverfahren Fehler in der Produktion, die ein menschliches Auge nicht auf Anhieb sieht.

Optische Kontrolle der Elektronikgeräte erfolgt sowohl manuell als auch automatisch

Die THT-Bestückung ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass die Bauelemente Drahtanschlüsse haben und in Bohrungen in der Leiterplatte gesteckt werden. Die Leiterplatte wird in einen passenden Rahmen eingespannt und in die Wellenlötanlage gefahren. „Die Füße der Bauelemente werden in einem Zinnbad gelötet, sodass lediglich ganz bestimmte Stellen an der Unterseite mit dem flüssigen Metall benetzt werden“, erläutert Theuer. Die sogenannte Krätze, die beim Schmelzen des Zinns entsteht, wird eingesammelt und später als Barren recycelt. Anschließend kommt die THT-Leiterplatte in die Kühlung. Danach wird durch eine optische Inspektion die bestückte und gelötete Leiterplatte überprüft sowie gegebenenfalls von Hand nachgearbeitet. Zu guter Letzt werden die Baugruppen auf einem Testadapter elektrisch überprüft, in dem alle Funktionen zu 100% getestet werden. Erst dann wird die Baugruppe in der Gerätemontage in die Gehäuse montiert, noch einmal eine Funktionsprüfung gemacht und zum Schluss von einem anderen Mitarbeiter die Ausgangsprüfung vorgenommen. So ist sichergestellt, dass der Kunde ein hundertprozentig geprüftes und funktionsfähiges Gerät geliefert bekommt.

Mit einem Mikroskop erfolgt die manuelle optische Kontrolle.

Im unteren Geschoss befindet sich die Fertigung der Gehäuse. Mithilfe von drei CNC-Fräsen entstehen dort individuelle Front- und Rückplatten für die Geräte. Die Aluminiumbleche werden zunächst geschnitten, gebohrt und das Gehäuse so in Form gebracht. Die Beschriftung der Bedienelemente - etwa des On-/Off-Schalters - geschieht im Laserdruck-Verfahren. „Nicht nur die lateinischen Buchstaben finden hier Verwendung, sondern auch chinesische Schriftzeichen für den Markt in Fernost“, erklärt Theuer. Zur Bedienung wird je nach Kundenwunsch das Produkt mit einem modernen Touch-Display oder einem klassischen Drehschalter ausgestattet. Danach folgen die Montage der Kabel und die erste Inbetriebnahme.

In hauseigener CNC-Fräserei werden kundenspezifische Gehäuseteile gefertigt

„Nicht alle Prozesse sind automatisiert, vieles ist nach wie vor bei uns Handarbeit“, ist Theuer sichtlich stolz. Bei mikromess ist Wachstum angesagt. In einem benachbarten Gebäude wurden weitere Flächen angemietet, um die Produktionsprozesse zu optimieren. Darüber hinaus ist geplant, den Entwicklerinnen und Entwicklern eine großzügigere Arbeitsumgebung zu schaffen. „Mir macht es Spaß, Leute zu entwickeln und ihnen Verantwortung zu übertragen“, sagt der Frankfurter Unternehmer und Investor. Theuer kennt den Arbeitgeberverband HESSENMETALL bereits seit vielen Jahren durch seine Holding und Beteiligungen an anderen Betrieben aus der Elektroindustrie in Hessen. „Mich überzeugen die Top-Beratung und der Servicegedanke. Deshalb war für mich sofort klar, dass auch mikromess nach der Übernahme Mitglied der Bezirksgruppe Rhein-Main-Taunus wird“, so Theuer.

In der hauseigenen CNC-Fräserei werden kundenspezifische Gehäuseteile gefertigt.

Michael Reitz

Referent Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit

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