Industrie als Chance für Frankfurt nutzen

Wirtschaftsdezernentin Wüst diskutiert mit Metall- und Elektrounternehmern

Gibt es keinen Raum mehr für die Industrie in der Metropole Frankfurt? Diese Frage ist auf der diesjährigen Mitgliederversammlung des Arbeitgeberverbandes HESSEN­METALL Rhein-Main-Taunus von Vertretern aus Politik und Wirtschaft diskutiert worden.

Stadträtin Stephanie Wüst, Dezernentin für Wirtschaft, Recht und Reformen der Stadt Frankfurt, betonte die weitreichende Bedeutung der Industrie für eine zukünftige Stadtentwicklung. Die Industrie stehe in Frankfurt im Wettbewerb um knappe Flächen mit anderen Branchen und Nutzungen, sei in den letzten Jahren aber zunehmend in ihren Entfaltungsmöglichkeiten eingeschränkt worden. Die Einrichtung einer Entwicklungsgesellschaft und weitere wegweisende Projekte aus dem Masterplan Industrie und dem Gewerbeflächenentwicklungsprogramm müssten daher wie beschlossen umgesetzt werden. Die Transformation der Industrie stelle sowohl Herausforderung als auch Chance für den Wirtschafts­standort Frankfurt dar. Der Masterplan Industrie werde gezielt weiterentwickelt, um den Industriestandort für die Zukunft zu stärken.

Oliver Schwebel, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Frankfurt, unterstrich den dringenden wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf bei der Aktivierung von Gewerbeflächen und der Sicherung von Gewerbeflächenpotenzialen. In den letzten Jahren habe eine massive Umwandlung von Industrie- und Gewerbeflächen zugunsten anderer Nutzungen stattgefunden, was zur weiteren Verdrängung und zur Abwanderung des produzierenden Gewerbes in das Umland beitrage und kaum noch Raum für die Erweiterung und Ansiedlung größerer Produktionsbetriebe lasse. Die Industrie sei jedoch ein wichtiger Impulsgeber für alle anderen Wirtschaftszweige und für Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft.

Rainer Hetzer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von HESSEN­METALL Rhein-Main-Taunus und Personalleiter der Continental AG für Automotive, Zentralfunktionen und Märkte äußerte sich aus unternehmerischer Sicht zur Industriepolitik: „Als führendes Finanzzentrum, internationale Verkehrsdrehscheibe, globaler Handelsplatz sowie Technologie-Hochburg ist die Stadt von zentraler Bedeutung für die Metall- und Elektro-Industrie. So profitiert die Branche ganz konkret vom Aufschwung in der digitalen Infrastruktur und dem Internetknoten De-Cix in Frankfurt.“ All dies zeige die Chancen und Potentiale der Stadt als Industriestandort.

Debatte um Sanierung von Industriestraßen und fehlende Gewerbeflächen

„Gleichwohl gibt es einen enormen Nachholbedarf bei der Interessensberücksichtigung von produzierenden Unter­nehmen. Das betrifft unter anderem die sanierungsbedürftigen und holprigen Industriestraßen in Frankfurt. Über die Carl-Benz-Straße in Fechenheim müssen die LKWs sogar auf dem buckeligen Kopfsteinpflaster der Nachkriegszeit fahren. Dieser Zustand ist für die Beschäftigten, Zulieferer und Spediteure ein Graus“, berichtete Hetzer.

„Der Magistrat sollte Industrie 4.0 als Chance für die Stadt verstehen und ein attraktives Umfeld schaffen. Die industriellen Transformationsprozesse müssen wir nutzen, um die Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze in Frankfurt zu sichern. Die Schaffung von neuen Gewerbeflächen ist dringend notwendig, um nicht die Zukunft von Frankfurt als Industriestandort zu verspielen“, sagte Friedrich Avenarius, Geschäftsführer von HESSEN­METALL Rhein-Main-Taunus. Die Bedeutung der Industrie für die Stadt sei, gemessen am Gewerbesteueraufkommen, herausragend.

Heute schon müssten Ansiedlungswünsche von Interessenten mangels Flächen zurückgewiesen werden. „Es ist ein fataler Fehler, wegen der fehlenden Ausweisung von Flächen, die Neuansiedlung oder Erweiterung von Unter­nehmen unmöglich zu machen“, mahnte Avenarius. Schon in der Vergangenheit seien häufiger Industrieunternehmen aus Frankfurt weggezogen, weil es nicht genügend Platz für einen Ausbau der Fabriken gab. „Damit nicht noch weitere Betriebe abwandern und sich neue Unter­nehmen ansiedeln können, muss die im Gewerbeflächenentwicklungsprogramm vorgesehene Neuausweisung zügig umgesetzt werden. Daneben sollten ungenutzte und leerstehende Gewerbeflächen wieder aktiviert werden“, forderte der Arbeitgebervertreter. Insbesondere setzen sich die heimischen Metall- und Elektrounternehmer seit langem für die Ausweisung eines neuen Gewerbegebiets an der „Züricher Straße“ in Nieder-Eschbach ein.

Schiedsrichter Dr. Felix Brych spricht über Entscheidungen unter Druck

Anschließend sprach der Fußballschiedsrichter und Jurist Dr. Felix Brych in seinem Vortrag über „Entscheidungen unter Druck im Zeitalter der Digitalisierung des Fußballs“. Die Entscheidung auf dem Platz erfolge in Sekundenschnelle, ohne die Möglichkeit einer längeren Beratung und oft ganz alleine. „Die Tagesform spielt eine große Rolle. Es ist wichtig, innere und äußere Einflüsse auszublenden. Je größer der Druck bereits vor der Entscheidung ist, desto unsicherer fällt die Entscheidung aus“, erklärte Brych.

Obwohl die Entscheidungen eines Schiedsrichters in Sekundenbruchteilen getroffen würden, könne man sich gezielt über das Unterbewusstsein vorbereiten, um Entscheidungsprozesse im richtigen Moment abzurufen. „Das Entscheidungsbild setzt sich aus Wahrnehmung, Erfahrung und Mut zusammen, wobei viele innere und äußere Faktoren ausgeblendet werden müssen“, so der Schiedsrichter.

„Die Digitalisierung im Fußball schützt nicht vor Fehlern. Perfektion ist eine Utopie. Je befreiter man in seinen unmittelbaren Gedanken ist, desto sicherer wird die Entscheidung“, resümierte Brych.

Seit 2004 ist er als Schiedsrichter in der deutschen Bundesliga tätig, pfeift seit 2008 in der UEFA-Champions-League und ist ebenso FIFA-Schiedsrichter. Mittlerweile wurde Brych für seine Einsätze und Spielleitungen in Deutschland fünfmal als Schiedsrichter des Jahres sowie 2017 als Welt-Schiedsrichter ausgezeichnet. Der 47-Jährige hat bereits in über 300 Bundesligaspielen und in 69 CL-Spielen seine Schiedsrichterentscheidungen getroffen, was der aktuelle Rekord ist.

Friedrich Avenarius

Friedrich Avenarius

Geschäftsführer
Rhein-Main-Taunus

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